Gute Nachrichten für unsere Patientinnen und Patienten, die sich einem ästhetischen Eingriff unterziehen möchten: Die Motion Humbel wurde am 13. Juni 2014 vom Ständerat abgelehnt.
Diese hatte beantragt, dass die Behandlung von Komplikationen nach ästhetischen Eingriffen nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt wird. Dies hätte nicht nur Frauen betroffen, die sich einer ästhetisch indizierten Brustvergrösserung mit Silikonimplantaten unterziehen, wonach die Kosten für die Behandlung von Implantatkomplikationen bisher von den Krankenkassen getragen werden. Auch eine Vielzahl anderer Eingriffe aus der „Grauzone“ zwischen Funktion und Ästhetik werden von den Krankenkassen immer öfter als vorwiegend ästhetisch eingestuft und somit nicht mehr als Pflichtleistung anerkannt. So werden die Kosten für die Behandlung des sogenannten „Männerbusen“ (Gynäkomastie), aber auch Brustverkleinerungen bei zu grossem Busen oder angleichende Operationen an der gesunden Brust bei der Wiederherstellung nach Brustkrebs häufig nicht mehr von den Krankenkassen übernommen und müssen somit zunehmend von den Patienten selber getragen werden. Auch in diesen Fällen wären die Patientinnen und Patienten Gefahr gelaufen, die Kosten für die Behandlung von Komplikationen selber zahlen zu müssen. Sie wären damit zudem rechtlich schlechter gestellt worden, als z.B. Menschen, die bei riskanten Sport- und Freizeitvergnügen verunfallen und medizinisch behandelt werden müssen oder z.B. Menschen, die ihr Erkrankungsrisiko durch Rauchen erhöhen. In diesen Fällen zahlen nämlich die Unfall- und Krankenversicherungen für die Folgeschäden und Behandlungen.
Der Bundesrat lehnte die Motion Humbel daher ab und bezog bereits im Mai 2012 wie folgt Stellung:
Die obligatorische Krankenpflegeversicherung nach dem Krankenversicherungsgesetz (KVG; SR 832.10) übernimmt die Kosten für die Leistungen, die der Diagnose oder Behandlung einer Krankheit und ihrer Folgen dienen. Das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) definiert den für das KVG massgebenden Begriff der Krankheit als „Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat“. Für den Krankheitsbegriff ist die Ursache der Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Gesundheit ohne Bedeutung, sofern die Unfallkausalität ausgeschlossen werden kann. Laut Angaben von vertrauensärztlicher Seite (offizielle Zahlen sind nicht verfügbar) sind behandlungsbedürftige Komplikationen nach schönheitschirurgischen Eingriffen selten, und die Kosten liegen wahrscheinlich unter 2 Millionen Franken pro Jahr. In etlichen Fällen dürfte es zudem schwierig zu belegen sein, dass ein solcher Eingriff die Ursache für eine in der Folge notwendige Behandlung bildet. Mithin dürfte der Nachweis der Kausalität einen nicht zu vernachlässigenden Faktor darstellen, der seinerseits zu weiteren Kosten verursachenden Leistungen – wie die Erstellung von Gutachten – führen könnte. Es ist generell auch schwierig, den Anteil der Behandlung, der sich auf den früher durchgeführten kosmetischen Eingriff bezieht, auszuscheiden. Für die Versicherer wären aufwendige Verfahren zur Erfassung oder Abgrenzung dieser Behandlungen nicht auszuschliessen, und es ist damit zu rechnen, dass die eingesparten Kosten den administrativen Aufwand gar nicht decken. Der Bundesrat hat in seiner Antwort auf die Motion Humbel 08.3201 bereits darauf hingewiesen, dass im KVG bisher das Verschulden der versicherten Person für die Übernahme von Leistungen nicht berücksichtigt wird. Die Frage, ab wann eine versicherte Person ein Verschulden für einen Gesundheitsschaden trägt, ist auch unter dem Gesichtspunkt der Ethik sehr heikel. Zudem gibt es zahlreiche weitere Verhaltensweisen und als Risiken geltende Tätigkeiten, die gesundheitsschädigende Auswirkungen haben können. Es ist somit sachlich und mit Blick auf den Grundsatz einer rechtsgleichen Behandlung nicht zu begründen, nur Folgebehandlungen von nicht kassenpflichtigen kosmetischen Eingriffen von der Leistungspflicht auszunehmen. Der Bundesrat erachtet die vorgeschlagene Massnahme deshalb als nicht sachgerecht.
Auch die Fachgesellschaft der Plastischen Chirurgen, die Schweizerische Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (SGPRAC), lehnte die Motion in einer Stellungnahme an die Präsidentin der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit, SR Liliane Maury Pasquier, ab.
Die Ablehnung der Motion Humbel durch den Ständerat ist eine weitere positive Entscheidung im Sinne künftiger Patientinnen und Patienten.